21.10.09

Französische Supermarktkultur

Es ist ja bekannt das die Franzosen nicht zu den schnellsten gehören. Ein gemütliches Volk seien sie und essen für ihr Leben gerne. Dies zeigt sich auch ganz deutlich in ihrem Einkaufsverhalten. So kann man beobachten das sich ein Kunde über 10 Minuten an ein und der selben Produktgruppe aufhält. Man hat das Gefühl er stelle höchst wissenschaftliche Vergleichstheorien auf. In Supermärkten wie den Géant gibt es teilweise bis zu 7 Preisstufen zu einem Produkt. Dies führt dann bei besagtem Kunden zu großen Rechenleistungen. Er addiert erst alle Preise zusammen, zieht einen Querschnitt, stellt dies dann in Relation zu seinem Qualitätsanspruch, verwirft den Gedanken wieder weil er merkt das ihm das so nichts bringt, fängt das ganze nochmal von vorne an, setzt dann den Querschnitt in Relation zu der ungefähren Menge der Artikel die er kaufen wird in Verbindung zu seinem Kontostand und, entscheidet sich dann immer für das billigste oder zweitbilligste Produkt. Ganz schlimm sind die sogennanten Produktinseln. Man kennt das auch aus deutschen Supermärkten. Produkte die irgendwo stehen weil sie reduziert sind, jedoch nicht da wo sie eigentlich hingehören. Hier muss der französische Kunde dann erst mal das Regal suchen wo die anderen Produkte sind um den vorhin beschriebenen Rechenkrampf zu bekommen. Die Gefahr ist emenz gross dass er auf dieser Suche noch an anderen Produktinseln vorbei kommt und am Ende dann mit drei Produkten in der Hand völlig orientierungslos irgendwo, den Tränen nahe nach seiner Frau ruft. Diese, nicht so intensiv mit einfkaufen beschäftigt, entweder in der Textilabteilung oder mit dem Handy auf Spaziergang kommt dann irgendwann, nimmt ihm die drei Produkte weg wie einem kleinen Kind, sagt ein paar schroffe Worte und geht dann wieder telefonieren. Es ist ein gängiges Bild dass man hier im Supermarkt viele Frauen jeglichen Alters sieht die manchmal stundenlang telefonieren. Ja man möchte meinen dass sie nur deshalb hier sind.

Weshalb ich diese Geschichte aber eigentlich schreibe ist der krönende Abschluss eines solchen Einkaufserlebnisses. Die Kassiererinnen, alle freundlichste Seelen von Menschen, haben, so denkt man, im Zuge ihrer Einstellung Wörter wie Tempo, zügig oder "angemessen Schnell" aus ihrem Wortschatz streichen müssen. Mit einer Seelenruhe ziehen sie e i n P r o d u k t n a c h d e m A n d e r e n über das Sensorfeld, sodass es bei einer bergigen Wagenladungfüllung schon mal 12 Minuten dauern kann. Ich weiß nicht ob ihr das Nachvollziehen könnt wie lange zwölf Minuten in einer Schlange bedeuten. Jedenfalls war das bei der älteren Dame vor mir so. Sie hatte am Ende eine Rechnung von 192euro-irgendwas. Na endlich dachte ich. 'Jetzt zahlt die sicherlich mit Plastik und der Spuck ist dann vorbeit'. Falsch gedacht. Sie zieht eine Block mit Gutscheinen über vier Euro und beginnt in gleich langsamen Tempo der Kassiererin e i n e n n a c h d e m a n d e r e n hinzulegen. So viele dass der Preis am Ende 104euro-irgendwas betrug. Die Kassiererin hatte mit dieser Aktion, so denke ich ihren Stresshöhepunkt des Tages erreicht. Nicht dass sie jeden Gutschein einzeln über das Sensorfeld ziehen musste, nein, sie hat den Stapel dann noch zweimal durchgezählt und jeden Gutschein mit einer Unterschrift versehen.
Damit aber immer noch nicht genug. Es zählt in Frankreich zu der Königsklasse des Bezahlens wenn man sein Scheckbuch zückt und dies auf diese recht altmodische Art erledigt, auch wenn das ein paar Euro Gebühr kostet. Die ältere Dame füllte also Gewissenhaft den Scheck aus, musste sich dafür ihre Lesebrille aufsetzen die sie natürlich auch nicht vorsichtshalber schon mal griffbereit gelegt hatte in den drei Minuten in welchen die Gutscheine gezählt wurden. Der Scheck hatte Eselsohren und konnte von dem Gerät erst auf den dritten Anhieb gelesen werden. Was das ernüchternste an der ganzen Sache war das aus dem Portmoné der alten Dame eine Visa herausragte mit welcher der Bezahlvorgang in weniger als 30 Sekunden von Statten gegangen wäre und auch keinerlei Gebühren gekostet hätte. Im Weggehen fiel ihr dann noch ihre Payback-Karte ein woraufhin die Kassiererin ihren Einkauf nochmal in die Kasse lud und ihr die Punkte gut schrieb. Natürlich alles in äußerst gemäßigtem Tempo. Alles in allem stand ich 20 Minuten wegen einer Kundin. Ich erwarte wirklich kein Tempo wie man es in Deutschland im Liedl oder Aldi erlebt wo der 20euro-Einkauf in weniger als zwei Minuten über den Sensor gezerrt wird und wo man sicherlich auch nicht so nett angelächelt wird.
Ich hatte auch das Gefühl ich sei der einzige der zwei geballte Fäuste in der Tasche hatte. Die Franzosen sind da ganz anders. Geduldig stehen sie wie Lemmings in der Schlange und schauen sinnierend, irgendwohin. Sowas lässt die völlig kalt.